Erstversorgung eines hilfebedürftigen Igels

Wird ein Igel gefunden, der Hilfe bedarf, sind verschiedene Faktoren zu beachten.

  • Unterkühlung – leicht zu prüfen, wenn der Igel auf der Bauchseite kälter ist als die eigene Hand. Dieses Tier braucht zunächst Wärme. Dazu eignet sich eine mit warmem Wasser gefüllte Wärmeflasche, die mit einem Handtuch umwickelt wird. Den Igel darauflegen und mit einem weiteren Handtuch zudecken. Dies gilt nicht, wenn der Igel von Fliegenmaden oder Fliegeneiern befallen ist. Die erste Maßnahme ist dann, die Eier oder Maden zu entfernen. Am besten, Rat bei einer Igelstation/Igelpflegestelle einholen, da Tipps und Erfahrungswerte weitergegeben werden können
  • Verletzter Igel – offene Wunden, Gliedmaßen, die nicht benutzt werden, Fremdkörper am Igel (wie Schnüre): schnellstmöglich professionelle Hilfe (bei einem igelerfahrenen Tierarzt oder einer Igelstation/Igelpflegestelle) in Anspruch nehmen; erste Hilfe ist möglich (wie Schnüre entfernen
  • Kranker Igel – daran zu erkennen, dass sie torkeln, oder liegen, sich nicht einrollen, eingefallen wirken, die Augen geschlossen oder nur schlitzförmig geöffnet sind. Kranke oder stark geschwächte Igel können oft nicht selbständig fressen und müssen zwangsgefüttert werden. Verwendet wird eine Einwegspritze ohne Nadel. Der Igel wird in leicht aufrechte Position gebracht und die mit Futter gefüllte Spritze ins Mäulchen geführt und vorsichtig entleert. Es ist darauf zu achten, dass der Igel abschluckt und keine Nahrung in die Luftwege kommt. Als Erstfutter eignet sich püriertes Katzendosenfutter. Verweigert ein Tier die Nahrung, atmet sichtbar, röchelt evtl. – es sind Innenparasiten oder eine Infektion zu vermuten. Es ist schnellstmöglich ein Tierarzt oder eine Igelstation/Igelpflegestelle aufzusuchen.
  • Säuglinge – Igelsäuglinge, die tagsüber allein herumirren und sich kalt anfühlen, sind wahrscheinlich ohne Mutter. Sicherheitshalber zunächst die Umgebung beobachten, ob die Igelmutter nicht doch in der Nähe ist. Denn die beste Ernährung und Pflege kann nur die Igelin ihren Jungen bieten. Sind die Igelsäuglinge augenscheinlich verwaist, dann ist schnellstmöglich professionelle Hilfe (Igelpflegestelle, Igelstation) nötig. Als Erstmaßnahmen, Igel warmhalten (Wärmflasche) und lauwarmen Fencheltee mit einer Einwegspritze einflößen. Vorsicht: nur tröpfchenweise geben, damit sich die Tiere nicht verschlucken und Flüssigkeit in die Lunge kommt
  • Untergewichtige Jungigel – Igel die im November/Dezember mit einem Gewicht unter  500 g gefunden werden, werden den Winterschlaf wahrscheinlich nicht überleben. In den Herbst-/Wintermonaten steht den Igeln nicht mehr ausreichend natürliche Nahrung zur Verfügung. Das heißt, sie können sich keinen „Winterspeck“ mehr anfressen, vielmehr verlieren sie sogar Gewicht, weil die Energie, die mit der Nahrung aufgenommen wird, dafür benötig wird, um die Körpertemperatur zu erhalten. Selbst wenn noch genügend Futter zur Verfügung stehen würde, sind diese Tiere in Gefahr ihren ersten Winter nicht zu überstehen.
  • In diesen Fällen eine artgerechte Unterbringung gewährleisten. Also als Sofortmaßnahme Futter und Wasser anbieten und einen Auslauf bereitstellen. Im Weiteren die Hinweise unter „Voraussetzungen für die Versorgung eines hilfebedürftigen Igels“ beachten.

Voraussetzungen für die Versorgung eines hilfebedürftigen Igels

Für die Versorgung eines hilfebedürftigen Igels gilt es einige Grundvoraussetzungen zu beachten. Wer ein Tier aufnimmt, muss dessen Grundbedürfnisse beachten. Auch wenn die Pflege eines Igels darauf ausgerichtet ist, ihn für ein Leben in Freiheit zu befähigen, gilt die Maxime – Behandlung und Versorgung wie ein geliebtes eigenes Haustier.

Ernährung

Igel sind Insektenfresser. Ihre bevorzugten Nahrungstiere sind (Lauf-)Käfer und ihre Entwicklungsstadien. Diese Spezialisierung ist auch bei der Ernährung eines Igelpfleglings zu beachten. D. h. die angebotene Ersatznahrung sollte wie die natürliche Nahrung eiweiß- und fettreich aber kohlenhydratarm sein.
Als Basisfutter eignet sich (hochwertiges) Katzendosenfutter (möglichst ohne Soße oder Gelee) mit einem Fleischanteil von mindestens 60 %. Nach unseren Erfahrungen kommen als Ergänzungsfutter unterschiedliche Fleischarten oder Fisch (gegart) oder Rührei (ungewürzt) in Frage. Das Mischungsverhältnis sollte 50/50 betragen. Zur Bereicherung des Futterangebots bzw. als Topping können auch getrockneten Insekten oder deren Entwicklungsstadien (z. B. Mehlwürmer) angeboten werden (ersetzen nicht das Basis- oder Ergänzungsfutter).
Die Fütterung allein mit Katzendosenfutter verursacht fast immer weichen, stark riechenden Kot. Dem kann zwar mit der Beifütterung von Ballaststoffen (z. B. Igeltrockenfutter ohne Getreideanteil) entgegengewirkt werden, gesünder ist eine abwechslungsreiche Nahrung.
Zusätzlich zu dem Futter ist immer ein Schälchen mit frischem Wasser bereitzustellen.

Unterbringung

Igel in häuslicher Pflege brauchen neben Futter und Wasser ausreichend Platz (Auslauf) und Pflege. D. h., wenn Sie sich entschließen, einen Igel im Haus unterzubringen, sind folgende Dinge zu beachten, mit denen die Igelpflegestellen der Arbeitsgruppe Igelschutz Hildesheim gute Erfahrungen gemacht haben:

  • Unterbringung in einer ausbruchsicheren Kiste (1 x 1 m, 50 cm hoch). Der Boden wird mit mehreren Lagen Zeitungspapier ausgelegt (tägliche Reinigung). In die Kiste wird ein Schlafhäuschen gestellt - z. B. Karton, der mit einem Schlupfloch (ca. 12 x 12 cm) versehen ist. Das Häuschen mit zerrissenem Zeitungspapier o. ä. füllen (kein Stroh oder Laub). Die Füllung im Häuschen wird mind. wöchentlich gewechselt.
  • Futter wird abends (wenn möglich in mehreren kleinen Portionen) zur Verfügung gestellt, Wasser steht immer bereit
  • Futter- und Wasserschälchen täglich gründlich reinigen
  • Die Raumtemperatur sollte 18 – 20 °betragen
  • Igel möglichst nicht frei in Räumen laufen lassen. Sie verstecken sich gern unter Schränken oder Heizkörpern und kommen dort oft nur schwer wieder rückwärts heraus
  • Hygiene Grundregeln beachten. Nach jedem Kontakt mit dem Igel oder seinen Ausscheidungen die Hände gründlich waschen oder Handschuhe beim Umgang tragen

Winterschlaf

Igel sind „echte“ Winterschläfer. Während des Winterschlafs sind alle Körperfunktionen stark reduziert:


normal

Winterschlaf

Körpertemperatur

36 Grad

1-5 Grad

Herzschlag

180/min

2-12/min

Atmung

50/min

3-4/min

Aber natürlich können Igel auch erfrieren, wenn sie kein schützendes Nest zur Verfügung haben.

  • Wann Igel in den Winterschlaf fallen ist von mehreren Faktoren abhängig: der Tageszeitlänge, dem fehlenden Nahrungsangebot und der Temperatur. Auch in häuslicher Obhut sind die Igel von diesen Faktoren abhängig – allerdings liefert der Pfleger weiterhin die Nahrung, so dass die Tiere i. a. erst den Winterschlaf antreten, wenn ein ausreichendes Gewicht erreicht ist.
  • Jungigel sollten auch in menschlicher Obhut vor ihrem ersten Winterschlaf möglichst ein Gewicht von 600 g haben
  • Für Altigel ist der Grenzwert von 600 g allerdings deutlich zu niedrig. Hier gilt, dass sie möglichst ihr individuelles „Normalgewicht“ von 800 bis ca. 1.200 g erreicht haben.
  • Während des Winterschlafs soll der Igel möglichst in einem kühlen (aber frostfreien) Raum mit Fenster untergebracht werden, damit sich der Igel am Tag-/Nachtrhythmus orientieren kann. Denn auch während des Winterschlafs gibt es immer wieder kurze Aufwachphasen, die der Sicherstellung der Körperfunktionen dienen.
  • Für die Unterbringung eignen sich z. B. Kunststoffboxen (z. B. in den Maßen 60 x 60 cm) mit Luftlöchern, in die das gut isolierte Schlafhäuschen platziert wird. Wasser und Trockenfutter ist für Wachphasen zur Verfügung zu stellen.
  • Während des Winterschlafs verliert der Igel bis zu 40 % seines Körpergewichts.
  • Nach dem Winterschlaf den Igel noch einige Zeit im Haus pflegen, bis er sein Gewicht vor dem Winterschlaf wieder erreicht hat.


Auswilderung

Das Ziel jeder Igelhilfe ist es, den Igel für ein Leben in Freiheit zu befähigen.

Jeder Igel ist – soweit möglich und der Fundort geeignet ist (also keine stark befahrenen Straßen sowie ausreichend Schutz = Gebüsch, Bodenbewuchs) – am Fundort auszuwildern. Ist das nicht möglich, ist der Igel an einem anderen geeigneten Ort auszusetzen. Dem Igel wird der Übergang erleichtert, in dem noch einige Tage das gewohnte Futter (sowie Wasser) zur Verfügung gestellt wird. Das Schlafhäuschen sollte auch einige Tage am Aussetzort verbleiben, damit der Igel eine gewohnte Rückzugsmöglichkeit hat.

Weitere Informationen und praktische Hilfe

Diese Zusammenfassung liefert wichtige Informationen, kann aber nicht umfassend sein und nicht für jede auftretende Frage Antworten liefern. Alle Fragen die mit diesen Informationen nicht ab-gedeckt sind, bitte mit einem Tierarzt oder einer erfahrenen Igelpflegestelle abklären.

Igelschutz Hildesheim
 
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